Es gibt Momente in unserem Leben, die uns tief prägen, auch wenn wir sie damals vielleicht noch nicht in ihrer ganzen Bedeutung erfassen konnten. Einer dieser Momente aus meiner Kindheit ist mir in letzter Zeit wieder in Erinnerung gekommen – und er hat mir geholfen, etwas sehr Wertvolles über mich und meinen Lebensweg zu verstehen.

Ich war etwa zweieinhalb alt, als meine kleine Schwester geboren wurde. Zu der Zeit musste ich dann die Kinderkarre, in der ich bisher immer gemütlich durch die Gegend geschoben wurde, verlassen. Doch ich wollte noch nicht selbst laufen. Ich wollte mich weiter schieben lassen, die Welt ganz bequem aus der Kinderkarre heraus betrachten. Doch meine Eltern entschieden anders. "Jetzt musst du selber laufen", sagten sie, und ich fand das natürlich gar nicht toll. Ich fühlte mich gezwungen und ein bisschen hilflos. Wie sollte ich meinen Weg finden, wenn niemand mehr da war, der mich trägt?

Damals verstand ich nicht, was wirklich in mir vorging. Aber jetzt, viele Jahre später, erkenne ich, dass dieses Gefühl, „geschoben werden zu wollen“, mich immer wieder begleitet hat. Es tauchte in meinem Leben auf, wenn es um Entscheidungen ging, die ich lieber an andere abgeben wollte. Ob in kleinen Dingen oder größeren Entscheidungen – oft habe ich das Gefühl gehabt, dass ich auf die „Erlaubnis“ von anderen warten müsste, bevor ich etwas tun durfte. Es war, als hätte ich die Hoffnung, dass jemand anders besser wüsste, was gut für mich ist – und mich auf diesem Weg „schieben“ könnte.

Aber das funktionierte nicht. Denn die Menschen, denen ich die Entscheidungen überließ, nahmen mich aus ihrer eigenen Perspektive wahr. Ihre Entscheidungen basierten oft auf ihren eigenen inneren Überzeugungen, ihren falschen Gefühlszielen, wie ich jetzt weiß. Und das führte dazu, dass die Ergebnisse nicht zu dem passten, was mich wirklich glücklich machte. Ich spürte, dass ich auf einem Weg war, der nicht meiner war.

Dann gab es auch die Momente, in denen ich selbst die Zügel in die Hand genommen habe. In denen ich für mich entschieden habe, ohne auf die „Erlaubnis“ von außen zu warten. Und was geschah? Diese Entscheidungen kamen aus meinem Inneren, aus meiner Freude, meinen Gaben und Fähigkeiten – und das Resultat war pure Lebensfreude und Erfolg. Es war, als hätte ich in diesen Momenten endlich wieder die Kontrolle über meinen eigenen Weg übernommen.

Als ich kürzlich wieder an die Kinderkarre dachte, wurde mir klar, dass das „Erlaubnis-Brauchen“ in mir genau dieses alte Gefühl widerspiegelt: den Wunsch, nicht selber laufen zu müssen, sondern bequem durch das Leben geschoben zu werden. Aber jetzt, mit 62 Jahren, weiß ich: Es ist Zeit, das Schieben-Lassen hinter mir zu lassen. Denn das Leben ist viel schöner, wenn ich es selbst in die Hand nehme, Schritt für Schritt.

Ich bin bereit, selbst zu gehen – als Autorin, als Life Coach, als Mensch, der Freude und Frieden in die Welt bringen will. Und plötzlich wird mir klar: Auch die staatliche Unterstützung, die ich in dieser schwierigen Zeit als Ergänzung zu meinen Einnahmen erhalte, ist keine "Kinderkarre", die mich bequem durchs Leben tragen soll. Nein, sie gibt mir nur den Raum und die Zeit, mich auf mich selbst zu fokussieren, zu laufen in meinem eigenen Tempo, und das zu tun, was ich wirklich will. 💖

Es ist okay, sich Pausen zu gönnen, sich Zeit zu nehmen, um weiter in sich hineinzuhorchen. Es ist okay, selbst zu entscheiden, wohin man gehen will, ohne auf die Erlaubnis von anderen zu warten. Denn das, was zählt, ist, dass ich selbst meinen Weg wähle – in meinem eigenen Tempo, mit Freude und Leichtigkeit.

Ich hoffe, diese Geschichte berührt dich genauso, wie sie mich berührt hat, als ich sie noch einmal durchlebt habe. Ich teile sie mit dir, weil ich glaube, dass es vielen von uns so geht: Wir warten auf die Erlaubnis, loszugehen, dabei haben wir sie schon längst in uns selbst gefunden. 💖

Copyright: © Blandina Gellrich 

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